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Was sind Gefühle?

Aktualisiert: 5. Okt.

Ein Versuch, Gefühle greifbarer für den Alltag zu machen, damit wir nicht ständig vor ihnen weglaufen müssen.
Lifecoach Anita Geißler berührt mit ihren eigenen Händen Ihre Augen und verdeckt diese mit einem Lächeln in ihrer Mindset-Praxis in Graz

Als ich begann, mich mit mir selbst auseinanderzusetzen, tauchte immer wieder dieses eine Thema auf: Fühlen.


Und ehrlich gesagt, ich verstand es am Anfang überhaupt nicht. Ich dachte, ich sei doch ganz bei mir: mir geht es ja eh gut und ich hab alles einigermaßen im Griff. Also, was soll da bitte noch zu fühlen sein?

Wenn etwas mal nicht so lief, wie ich wollte, sagte ich mir: "Wird schon. Muss doch gehen. Kann man eh nichts machen."


Und dann saß ich bei unterschiedlichen Themen in Sitzungen, Therapien, Coachings und bekam immer wieder die Frage: "Wie fühlt sich das gerade an?"

Oh, wie ich diese Frage hasste. Meine Antworten waren: "eh ok", "nicht gut", "schlecht".

Das klang genervt, weil ich doch schon alles erklärt hatte. Warum also noch diese unnötige Nachfrage?


Aber irgendwann, nach vielen Stunden Widerstand und viel Geduld meiner Coaches, brach etwas auf.

Da war nur Traurigkeit. Und ich weinte. Ich weinte und weinte.



Gefühle wahrnehmen beginnt im Körper

 Von da an begann ich im Alltag genauer hinzuschauen. Aber nicht im Kopf, sondern im Körper.

  • "Ich kann schwer atmen."

  • "Der Bauch drückt."

  • "Die Schultern ziehen nach unten."

  • "Der Kopf ist schwer."

  • "Die Kehle schnürt sich zu."


Das konnte ich wahrnehmen. Und das half mir, Gefühle greifbarer zu machen. Nach und nach setzte ich mich überhaupt mit dem Thema auseinander. Jeder fühlt individuell und es gibt kein Schema, dem man folgen kann, daher ist dieses Beobachten von einem Selbst so wichtig.


Vielleicht kennst du das auch: In meiner Kindheit – und das war damals einfach normal – wurde über Gefühle nicht gesprochen. Da hieß es, wenn ich mal hinfiel zB: "Nix passiert, schau, das Spiel geht weiter.“.

So lernte ich: Gefühle zu übergehen, weil sie keinen Raum hatten. Ich konnte auch nicht unterscheiden, warum ich weinte, wenn ich weinte: Ist es Schmerz? Trauer? Hilflosigkeit? Angst? Scham? Kein Wunder also, dass mir Gefühle lange abstrakt und überfordernd vorkamen.


Und genau das erlebe ich auch heute bei meinen Klient:innen: Für viele sind Gefühle etwas Unklares, manchmal sogar Bedrohliches. Dann ist es doch verständlich, dass wir Angst vor den unbekannten Gefühlen haben. Umso wichtiger ist es, dass wir mal irgendwo beginnen.

 


Was sind Gefühle?

Gefühle sind die Sprache unseres Inneren. Sie zeigen uns, wie es uns wirklich geht, bevor wir es in Worte fassen können.

Ein Gefühl ist die körperlich spürbare Antwort auf das, was wir erleben oder denken. Es entsteht im Körper, nicht im Kopf: als Druck in der Brust, Wärme, Enge, Kribbeln oder Zittern. Gefühle sind also nicht nur „da“, sie bewegen uns, im wahrsten Sinne des Wortes.


Gefühle sind das Gegenstück zu Gedanken. Während deine Gedanken ordnen, analysieren und bewerten, wollen deine Gefühle nur eins: gespürt werden.

Beides wirkt zusammen: Gefühle lösen Gedanken aus und Gedanken Gefühle.


Natürlich gibt es unzählige Formen von Gefühlen: Stolz, Vorfreude, Eifersucht, Dankbarkeit, Neid, Trauer … Doch die meisten lassen sich auf fünf Grundgefühle zurückführen. Sie sind die Basis, auf die alle anderen aufbauen:

  • Angst

  • Freude

  • Trauer

  • Wut

  • Ekel



Die fünf Grundgefühle

Alle Gefühle sind wichtig. Es gibt keine „guten“ oder „schlechten“ Gefühle. Wenn du dein Gefühl nicht benennen kannst, orientiere dich an diesen fünf.

Oft reicht schon die einfache Frage: Bin ich gerade traurig? Oder eher ängstlich? Wütend? Fühle ich Freude? Oder ekelt es mich?

Jedes dieser Gefühle hat seine eigene Stimme. Wenn wir genauer hinhören, merken wir: Sie alle wollen uns etwas Wichtiges mitteilen:


 

Die ANGST will uns schützen

Angst setzt sich fest, macht eng, schnürt die Kehle zu, erschwert das Atmen. Und oft fürchten wir uns sogar vor ihr selbst, weil sie so unangenehm ist.


Dabei ist Angst überlebenswichtig. Sie sorgt dafür, dass Kinder nicht an die heiße Herdplatte greifen, dass wir bei Rot anhalten oder bei Gewitter nicht auf die Wiese laufen. Ohne sie gäbe es viel mehr Unglück auf dieser Welt.

Normalerweise meldet sie sich, wenn sie gebraucht wird und verschwindet wieder, sobald ihre Aufgabe erledigt ist. Früher hatte man Angst, gefressen zu werden. Doch gerade heute ist Angst oft subtiler. Wir haben Angst, Fehler zu machen. Angst, kritisiert zu werden. Angst, nicht dazuzugehören.

Die Angst sagt: "Das ist gefährlich."

Sie will uns schützen. Manchmal berechtigt, manchmal übertrieben. Doch wenn wir sie nur wegdrücken, verwandelt sie sich schnell in Sorgen, ständige Unruhe oder sogar Panik.


👉 Beispiel: Du willst in einer Besprechung etwas sagen, doch innerlich zieht sich alles zusammen. Dein Kopf weiß: „Es passiert nichts.“ Aber dein Körper erinnert dich daran, wie schmerzhaft Ausgrenzung einmal war.


Angst ernst zu nehmen heißt nicht, ihr immer zu folgen. Es heißt, sie wahrzunehmen und sich Schritt für Schritt zu trauen, Neues zu wagen.

Ach übrigens: Auch Angst selbst kennt Angst. Sie fürchtet sich vor Trost und Mitgefühl, weil sie ihr die Kraft nehmen.



Die FREUDE will uns zeigen, wie schön das Leben ist

Mentraltrainerin Anita Geißler springt mit Freude durch die Luft, ihre Haare wehen dadurch und sie sieht glücklich aus aufgrund ihres Mindset

Freude ist das Gefühl, das wir alle suchen. Und gleichzeitig eines, das vielen schwerfällt.

Sie braucht meist einen Anlass, kann aber auch grundlos auftauchen. Sie ist mal leise und sanft, mal überschäumend, laut und alles auf den Kopf stellend. Wir verbinden Freude oft mit dem Großen: Erfolg, Abenteuer, Anerkennung. Doch eigentlich zeigt sie sich im Kleinen: im Sonnenstrahl, der dein Gesicht wärmt, in einem Lächeln, das dich ansteckt, im Gefühl, dass gerade alles gut ist.

Die Freude sagt: "Das ist schön."

Doch echte Freude entsteht nicht, wenn wir alle anderen Gefühle verdrängen. Im Gegenteil: Sie wird umso intensiver, wenn wir auch Angst, Wut oder Trauer zulassen. Denn Freude ist kein Dauerzustand, sondern ein Moment. Sie löst Anspannung, gibt Kraft und kann bezaubern.


Und noch etwas: Freude ist empfindlich gegenüber dem Wort „muss“. Sie zeigt sich nicht, wenn wir sie erzwingen wollen.


👉 Frag dich einmal: Wann hast du dich zuletzt gefreut, ohne Grund im Außen, einfach so?



Die TRAUER will uns helfen, loszulassen

Trauer kann kurz und heftig sein. Manchmal allerdings begleitet sie einen Menschen ein Leben lang.


Ohne Trauer wären unsere Beziehungen oberflächlich. Erinnerungen würden verblassen. Sie ist das Gefühl, dass uns den Wert von Nähe, Liebe und Verbindung überhaupt erst bewusst macht.

Trauer ist eng mit Loslassen verbunden. Weil es Trauer gibt, können Menschen beim Abschied unterscheiden, was verloren geht und was als Erfahrung, Erinnerung oder Begleitung in Zukunft bleibt. Gäbe es Trauer nicht, wäre jede Erfahrung nur ein kurzes Erlebnis, ohne Spuren zu hinterlassen.

Die Trauer sagt: "Das tut weh."
Anita Geißler Human Design Mentorin lehnt mit geschlossenen Augen schützend auf ihren Händen und Knien, sie wirkt nachdenklich, traurig

Trauer will gesehen werden. Sie bittet darum, beachtet zu werden und Raum zu bekommen. Wenn sie angenommen wird, sorgen die Tränen dafür, dass der Schmerz nachlässt oder zumindest erträglicher wird.

Wird Trauer verdrängt oder zurückgehalten, bleibt der Schmerz bestehen. Dann kann sie sich zu einem Dauerleiden entwickeln – zu Starre, Melancholie oder, wenn es zu schlimm wird, zu einer Gefühllosigkeit.


Problematisch wird es bei jenen, die die Trauer nicht zeigen wollen oder sich selbst als „cool“ oder „stark“ darstellen, etwa mit Haltungen wie: "Indianer kennen keinen Schmerz“, "Jungen weinen nicht“ oder "Ich bin keine Heulsuse“. In diesen Fällen bleibt Trauer ungelebt und verwandelt sich oft in andere Gefühle oder in körperliche Schmerzen.


👉 Wann hast du das letzte Mal deinen Tränen freien Lauf gelassen? (Und eben nicht versucht, die aufsteigenden Tränen, runterzuschlucken?)


Je mehr Trauer geteilt wird, desto eher kann sie sich zurückziehen und Platz für Trost und Erleichterung machen. Gerade darin liegt ihre Aufgabe.



Die WUT macht unsere Grenzen sichtbar

Wut kann sehr heftig sein und den ganzen Körper einnehmen.


Wenn Menschen stark verletzt oder bedroht werden, mobilisiert Wut enorme Energie, um Angriffe oder Gefahren abzuwehren. Diese Energie bleibt häufig noch eine Zeit lang bestehen, auch wenn die Situation bereits vorüber ist. Erst wenn klar ist, dass keine Bedrohung mehr da ist, zieht die Wut sich zurück.


Obwohl Wut hilfreich sein kann, hat sie einen schlechten Ruf. Das liegt daran, dass sie manchmal blind macht. Ursprünglich diente sie dem Überleben, etwa wenn Menschen in der Urzeit gegen wilde Tiere oder andere Feinde kämpfen mussten. In solchen Situationen ging es um alles oder nichts. Deshalb schaut Wut bis heute manchmal nicht genau hin, sondern reagiert heftig.


Schwierig ist es, wenn Wut keinen Raum bekommt. Viele Menschen haben gelernt, Wut zu unterdrücken oder sich zurück zu halten. Viele Kinder lernen früh: "Sei brav, sei still, sei lieb.“. Für Wut bedeutet das, dass sie nicht ihren eigentlichen Zweck erfüllen kann: nämlich zu helfen, Bedrohungen abzuwehren und Grenzen zu setzen.

Die Wut sagt: "Das stimmt für mich nicht."

Wut ist eine wichtige Kraft. Wut will dich nicht zerstören, sie will dich in Bewegung bringen. Sie gibt dir Energie, Dinge zu verändern oder dich klar zu positionieren. Doch wenn sie nicht bewusst wahrgenommen und gelebt wird, richtet sie sich entweder gegen andere, oder nach innen gegen die Person selbst.


👉 Vielleicht kennst du das: Jemand übergeht dich, und plötzlich wird es in dir heiß. Genau das ist Wut. Sie ruft: "Hier stimmt etwas nicht!“ Wenn du ihr zuhörst, kannst du für dich einstehen, ohne aus der Haut zu fahren.

 


Der EKEL will uns von dem fernhalten, was uns schadet

Ekel gehört zu den Gefühlen, die kaum jemand mag. Trotzdem erfüllt er eine wichtige Aufgabe: Er schützt uns.

Ekel sorgt dafür, dass wir nichts essen oder aufnehmen, was uns schaden könnte. Er warnt uns vor Dingen, die giftig, verdorben oder einfach ungenießbar sind.

Aber Ekel wirkt nicht nur körperlich. Er speichert Erfahrungen. Alles, was wir einmal als "nicht aushaltbar" erlebt haben, ein bestimmter Geruch, eine Situation, vielleicht auch eine Erinnerung an eine Grenzerfahrung, kann später wieder Ekel hervorrufen. Damit will er uns schützen, damit wir Abstand nehmen und nicht erneut verletzt werden.

Der Ekel sagt: "Das gehört nicht zu mir."
Anita Geißler Lifecoach aus Graz ist im Hintergrund in der Hand haltend ein Palo Santo Holz welches einen schönen Rauch und Geruch abgibt, zum Reinigen und Loslassen

Ekel grenzt uns ab. Er zeigt klar, was wir nicht wollen – körperlich und seelisch. Manchmal geht Ekel jedoch tiefer. Dann richtet er sich nicht mehr gegen etwas im Außen, sondern gegen uns selbst. Menschen erleben das zum Beispiel bei Essstörungen, übermäßigem Sport oder im Umgang mit Alkohol. In solchen Fällen kann Ekel zu einem ständigen Begleiter werden, der schwer loszulassen ist.


Ekel ist also unangenehm, ja. Aber er ist nicht grundlos da. Er hilft dir, deine Grenzen zu wahren und dich zu schützen! Ekel zeigt sich nicht nur bei verdorbener Nahrung oder Gefahrenquellen, er taucht auch in Beziehungen, Situationen oder Gedanken auf.


👉 Nimmst du wahr, wie dein Körper reagiert, wenn dir ein Geruch oder eine Situation unangenehm ist? Und noch viel wichtiger, erlaubst du dir dann Abstand zu nehmen?



Gefühle wollen einfach nur gefühlt werden

Das klingt einfach, ist es aber nicht.


Denn die meisten von uns haben nie gelernt, wie das geht. Wir haben uns angewöhnt, Gefühle wegzuschieben, uns nicht zu zeigen, stark zu wirken. Weinen? Als Erwachsene kaum erlaubt.

Doch in Wahrheit braucht es kein Tun. Es geht darum, Gedanken zu beobachten, den Körper zu spüren und beim Gefühl zu bleiben, ohne gleich wieder in den Kopf zu flüchten.


Der wichtigste Schritt ist simpel und gleichzeitig herausfordernd: Fühlen, was da ist.

Nicht analysieren, bestenfalls auch nicht bewerten, sondern einfach nur wahrnehmen.  


Ein kleiner Einstieg für den Alltag:

  1. Nimm dir einen Moment und frage dich: „Was fühle ich gerade?“

  2. Starte am Einfachsten mit deinen Körperempfindungen.

  3. Gehe danach die fünf Grundgefühle durch.

  4. Formuliere einen Satz: "Ich bin traurig, weil …" oder "Ich bin wütend, weil …" (je nachdem welches Gefühl gerade da ist)

Oft reicht das, um sofort Erleichterung zu spüren.

 


Fazit: Gefühle sind Wegweiser

Gefühle sind keine Feinde. Sie sind innere Wegweiser. Wenn du offen bist, sie zu erkennen und anzunehmen, wird dein Leben nicht "problemlos“, aber echter!


Und PS: Gefühle können uns nicht umbringen. Es sind "nur“ Gefühle.

Und wenn du dich nicht alleine traust, ich stehe dir gerne zur Seite.


Alles Liebe, Anita



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